13 Prinzipien qualitätsvoller Stadtplanung

Am Freitag, den 25. Oktober war ich auf einer Konferenz der UIA ( International Union of Architects) und der ACE (architects council of europe) in Paris im Gebäude der UNESCO eingeladen, um einen Vortrag zum Thema „Why do we need quality in our built environment“ zu halten.

Hier eine leicht gekürzte Version meines Referates.

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Meine Damen und Herren!
Darf ich den Titel, die Frage, die Sie mir gestellt haben („Why do we need quality in our built environment“) leicht verändern?

„Was bedeutet Qualität in unserer gebauten Umgebung, ich möchte präzisieren: in unseren neuen Stadtteilen?“

Ich darf mir erlauben, diese so wichtige Frage, wie kommen wir zu gebauter Qualität mit 13 kurzen Prinzipien zu beantworten.

1. Konzentriert Euch auf den Öffentlicher Raum.

Die Qualität der Strassen und der Plätze sind das Herz der Stadt. Dort begegnen sich Menschen.
Jane Jacobs hat es wunderbar so ausgedrückt:“Das außen des Hauses ist das innen der Stadt.“

2. Haltet die Autos draußen.

Baut „streets“ und keine „roads“
Wir haben in Wien hervorragende Erfahrungen mit Begegnungszonen gemacht.
Kinder, Fußgänger mitten auf der Strasse.
Autos fahren plötzlich total langsam und vorsichtig, wenn von links und rechts Menschen queren dürfen.
Es wird leiser, sicherer, humaner, städtischer.

Baut leistungsfähig öffentliche Verkehrsmittel, macht sie erschwinglich und achtet auf attraktive Flächen für Fußgänger und Radfahrer.

3. Baut keine Garagen unter Häusern,
sondern mindestens soweit weg von den Wohnungen und Büros, wie die nächste Haltestelle des öffentlichen Verkehrs ist.
So belebt Ihr Straßen.
Denn es gibts keinen stärkeren Anreiz, das eigene Auto zu nützen, als in der Früh noch müde nur mit dem Lift in die Garage zu fahren.

4. Habt keine Angst vor dichter Bebauung,

dafür baut großzügige Parks und Grünflächen.
Es wird immer heisser in unseren Städten und Parks und Bäume sind die besten Klimaanlagen.

5. Verbannt Öl, Kohle und Gas aus Euren Häusern.

Das mit der Klimakrise ist ernst. Sehr ernst. Und glaubt mir: Es gibt wunderbare, erprobte Alternativen, wie Häuser im Winter warm und im Sommer angenehm kühl bleiben, ohne fossile Verbrennung.

6. Sorgt dafür daß lebendige hohe Erdgeschosse gebaut werden.

Besser 5 Meter als 3 Meter hoch.
Lebendige Erdgeschosse mit Restaurants, Geschäften, aber auch ganz anderen Nutzungen bringen jene Vielfalt, die wir an Städten lieben.

7. Fördert Duchmischung bei neuen Stadtvierteln.

Durchmischen von reich und arm , gefördert-sozialen Wohnungen und freifinanzierten teuren.
Wenn due kinder von Reich und arm im selben Stadtteil wohnen und in die gemeinsame Schule gehen ermöglicht das sozialen Ausgleich und spart enorm teure Ausgaben für Polizei und Kriminalitätsbekämpfung.
Wir in Wien haben uns entschieden: Besser Millionen in den sozialen Wohnbau zu stecken als in die Polizei.

8. Pflegt den gemeinnützigen Wohnbau.
Einen Wohnbau, der qualitätsvoll ist, aber keine Rendite erwirtschaften muss. Das ermöglicht langfristig leistbaren Wohnraum in Städten.
Wir haben in Wien 220 000 Wohnungen die der Stadt gehören und nochmals 150 000 Wohnungen die den strengen Regeln der Gemeinnützigkeit unterliegen.
Diese günstigen Wohnungen halten die Mieten relativ niedrig.
Das ist ein enormer Schatz.

9. Durchmischt Stadtteile aber auch nach Funktionen.
Werft die absurde Charta von Athen, die Funktionstrennung zum Ziel hatte, endlich in die Ecke.
Stadt heisst: Im selben Viertel Wohnen und Arbeiten, Freizeit und Schule, Kultur und Sozialeinrichtungen:
Baut Städte nicht Wohnsiedlungen.

10. Behaltet den Boden im Eigentum der Stadt und entzieht den städtischen Boden der Spekulation.
Es gibt keinen funktionierenden Markt beim knappen nicht vermehrbaren Gut „Boden“
Er kann nicht produziert werden. Wenn die Nachfrage steigt, explodiert nur der Preis und macht einige wenige meist schon sehr reiche noch reicher.
Bezahlen müssen das alle durch enorm steigende Wohnungskosten.
Wir haben, darauf bin ich besonders stolz, jüngst in Wien eine „Widmungskategorie geförderter Wohnbau“ eingeführt.
In aller Kürze::
Bei Aufzonungen, welche den Wert von Grundstücken enorm steigern müssen zwei Drittel zu den sehr günstigen Mietbedingungen des geförderten Wohnbaus mit gedeckten Grundkosten angeboten werden.

11. Scheut Euch nicht, das wichtigste Wort der Stadtplanung zu verwenden. Es hat 4 Buchstaben: Nein
Nein zu innengerichteten Shopping Zentren
Nein zu neuen Strassen
Nein zu schlechter Architektur
Nein zu Stadtentwicklungen, die den Ort nicht besser sondern schlechter machen

12. Wagt, ein leider in Architektur und Stadtplanung verdrängtes Wort wieder in den Mund zu nehmen. Schönheit.
Ich weiß, das ist eine schwierige, umstrittene Diskussion.
Nein, ich kann nicht exakt definieren, was schön ist.
Aber im öffentlichen Diskurs gibt es klare Anhaltspunkte dafür.
Was jedenfalls ein guter Einstieg ist: Fragt Architekten und Stadtplaner, was an ihren Entwürfen schön ist. Allein diese Frage verändert schon viel.
13. Dieses letze Prinzip richtet sich an Politiker/innen und Mitarbeiter/innen und Beamte der Städte: Ihr seid stark.
Ihr macht Widmungen und Bebauungspläne, welche Investoren brauchen.
Ihr erteilt Auflagen, wie gebaut wird.
Ihr könnt Bauträger öffentliche Räume qualitätsvoll gestalten und mitfinanzieren lassen.
Ihr könnt architektonisch schlechte Projekte zurückweisen.
Ihr seid die Vertreter der Bevölkerung.
Ihr habt Macht!
Nützt sie, die Stadt grüner, gerechter und menschenfreundlicher zu machen.
Wie ihr das messen sollt?
Eine simple Regel:
Was gut für die Kinder ist, ist für alle gut.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

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Ein Gedanke zu “13 Prinzipien qualitätsvoller Stadtplanung

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